25.5.2015
Der Bauunternehmer und Trikotverkäufer Pérez teilt Ancelotti mit, dass er nicht auf seine Dienste in der kommenden Saison zählen will
Diese Nachricht geht gerade wie ein Lauffeuer in den spanischen Medien und der Social Media um. Während alle dieser Minuten auf die offiziellen Pressekonferenz des Präsidiums von Real Madrid warten, liess Carlo Ancelotti bereits heute Mittag einen italienischen TV-Sender wissen, dass er sich derzeit auf Urlaub in Madrid befinde.
„Carleto“ hat im Kalenderjahr 2014 spektakuläre sechs Titel, noch nie zuvor gelang dieses Kunststück den „Blancos“ in ihren ruhmreichen Historie, einheimsen können. Im Herbst 2014 purzelten Rekorde, eindrucksvolle Serien wurden mit einem mitreissenden Tempofussball, der v.a. auf die Effizienz der Konter und die Treffsicherheit des Superangriffs, der „BBC“ (Bale-Benzema-Cristiano), basierte, aufgestellt. Viele sahen im Team eine Übermannschaft, die nichts und niemand stoppen könne. Doch es sollte sich als fataler Trugschluss herausstellen, dass sich einige, und wohl nicht nur unter den Fans, bereits zur Halbzeit als sicherer Sieger sahen.
Es gab Verletzungen, die die Mannschaft aus dem Tritt brachten, da im Herbst fast nur eine festeinespielte Mannschaft aufgelaufen war und Vorjahrestransfer wie Illarramendi oder der deutsche Weltmeister Sami Khedira bestenfalls noch eine Statistenrolle zukam. Holprige Spiele mit hart erarbeiteten holprigen Siegen waren die Konsequenz dieser Personalpolitik.
Mit Iker Casillas begann der grosse Rückhalt vergangener Jahre zu wanken. Iker rettete keine Punkte mehr, er verschenkte sie. Der Kapitän wurde im Santiago Bernabéu ausgepfiffen und Gareth Bale’s Egoismus beim Abschluss entfachte mehr als einmal das Unverständnis und die Wut der Fans.
So konnte von einem stabilen „sozialen“ Frieden während der gesamten Spielzeit an der „Concha Espina“ nicht die Rede sein. Bereits zu Saisonstart liess CR7 die Reporter ungefragt wissen, dass er die Planung der Vorbereitung mit dollar-trächtigen Testspielen in den USA für unzureichend halte. Allerdings fehlte dem Portugiesen die Koherenz in seinem Handeln. Er schwieg z.B. über den Nutzen eines weiteren Testspieles am 30.12.2014 in Dubai.
Pérez sportliche Planung scheint es nicht zu geben. Ex und hopp. In den beiden Perioden seiner Präsidentschaft (2000-2006 und seit 2009) fielen Floren insgesamt neun Trainer zum Opfer. Als erstes traf es den späteren spanischen Welt- und Europameistercoach Vicente del Bosque, der zuvor die insgesamt 29. spanische Meisterschaft gewann. Am 23.6.2003 setzte Pérez, den manchmal etwas trottelig wirkenden, Del Bosque aus dem (vielleicht zu) provinzionellen Salamanca, der zudem noch aus einer einfachen Arbeiterfamilie stammt, vor die Tür. Vielleicht versprühte Don Vicente nach Ansicht des Präsi’s zu wenig Glamour, dabei hatte Del Bosque in Paris und Glasgow die CL-Finale gegen den Valencia CF (1999;3:0) und Bayer 04 Leverkusen (2202;2:1) gewonnen und den achten und neunten Henkelpott (Orejona) ins Vereinsmuseum geholt.
Ihm folgte der Portugiese Carlos Quieroz (der Ex-Co-Trainer von Sir Alex Fergeson bei ManU) und im selben Sommer sorgte Pérez mit der Verpflichtung des Barça-Kapitäns Luis Figo für einen weiteren sensationellen Transfer-Coup. Figo hatte kurz zuvor noch auf dem Titelbild der in Barcelona erscheinenden Sportzeitung Sport im Trikot der „Blau-Grana“ posiert, als er schon bei Madrid unterschrieben hatte. Das heizte die Derbies, die eh von der bekannten traditionellen Rivalität geprägt werden, zwischen Katalanen und Madrilenen zusätzlich auf. Denn mit Siegen gegen den Erzrivalen lassen sich im Zweifelsfall auch mässige Spielzeiten kaschieren.
Grosse Namen spielten und brillierten im Dress der Madridista auf der heiligen Wiese, wie der unvergessene Alfredo di Stefano das Bernabéu zu nennen pflegte: Ronaldo, Beckham, Zidane, Figo, Roberto Carlos…Friede, Freude, Eierkuchen? NEIN!
Die Bilanz der sportlichen Erfolge in dieser Zeit sind verhältnismässig überschaubar. Für andere Clubs wäre es historisch innerhalb von 15 Jahren drei Meisterschaften und jeweils zweimal die Copa del Rey und die Champions zu gewinnen. Doch Real Madrid ist nun mal kein „normaler“ Club. Das Einzige was zählt, ist der Titel. Der zweite Platz, getreu der Devise des Bill Shankly, der Sieger der Verlierer zu sein, wird als Schmach empfunden.
Es war die Zeit der „Galaktischen“ und auf Quieroz folgte am 25.5.2004 mit José Antonio Camacho eine weitere Vereinslegende auf der Trainerbank. Camacho wurde nach nicht einmal vier Monaten als Cheftrainer von Mariano García Remón abgelöst. Dieser wiederum hielt aber nur etwas mehr als drei Monate durch und zum Jahreswechsel (30.12.2004) übernahm der Brasilianer Vanderlei Luxemburg (Ex-Teamchef des fünfmaligen Weltmeisters) das Amt.
Nicht ganz ein Jahr später wurde Luxemburg gefeuert und am 5.12.3005 wurde Juan Ramón López Caro als neuer Übungsleiter eingestellt. Dieser amtierte dann auch bis zum Saisonende als Pérez die Präsidentschaft abgab.
Die zweite Amtsperiode Florentino Pérez ab 2009
Nachdem Ramón Calderón über einen Skandal beim On-Line-Voting zur Vereinsführung stürzte, kam Floren am 1.6.2009 zurück auf den Chefsessel. Nun ist Ancelotti der dritte verschlissene Coach dieser neuen Amtszeit. Und er hat mit seinen beiden Vorgängern Manuel Pellegrini (der Ingenieur (sein Zivilberuf) hatte in Villarreal mit Stars wie Juán Román Riquelme viel erreicht. So scheiterten die „Groguets“ im CL-Halbfinale 2006 erst im Elfmeterschiessen gegen den Arsenal FC) und dem höchst explosiven José Mourinho (kam nach dem CL-Sieg im Bernabéu von Inter) eins gemein: Allesamt wurden mit jeweils einem Jahr weiter gültigen Vertrag auf die Strasse gesetzt. Dieser Umstand hat den Schatzmeister der „Merengues“ rd. 60m € gekostet.
Der aktuelle Spitzenkandidat als Trainer bei den „Blancos“ scheint mit „Rafa“ Benitez ein gebürtiger Madrilene zu sein. Bei den Fans, die ebensowenig wie „Schwergewichte“ im Team (z.B. Marcelo) den Rauswurf Ancelotti’s unterstützen, ist allerdings mit einer guten 2/3-Mehrheit in einer Umfrage von Radio Marca Jürgen Klopp der Favorit als Ancelotti-Nachfolger. Und auch Benitez und Klopp haben etwas gemeinsam: Beide haben mit ihren Vereinen das gesteckte Saisonziel nicht erreicht. Da in Italien die Wettbewerbe noch nicht beendet sind, ist nicht mit der sofortigen Bekanntgabe der Verpflichtung Benitez‘ zu rechnen.
Pérez begründete dann eben den Rauswurf des Italieners mit den Worten: „Wir brauchen einen neuen Antrieb!“. Dann sucht mal fleissig!